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Debatte Wohnen ist Heimat – Der Boden gehört allen“ von Dirk Löhr

Neubauten sind auch deshalb so teuer, weil Grund in den Städten knapp ist. Eine Bodenwertsteuer könnte dies ändern, weil sie Spekulation verhindert.

Baugrund wird wertvoll durch staatliche Infrastruktur – aber von den Bodenpreisen profitieren nur die Eigentümer.

Kommentar in der taz. Dirk Löhr, habilitierter Volkswirt, lehrt in Trier. Er ist Mitbegründer der Initiative „Grundsteuer: Zeitgemäß!“, die sich für die Reform der Grundsteuer zu einer Bodenwertsteuer einsetzt.

Quelle: taz, aufgerufen am 6. Januar 2018

 

 

Im Georg Büchner Buchladen hier in Darmstadt habe ich mir zum Geburtstag das neue Heft der Arch+ „Wohnerfahrungen“ gekauft: Wohnexperimente, Selbsthilfe, Zusammenleben, Fokus: Haushalt, Raumkonzepte, Passageres Wohnen. Sehr spannendes Heft, hab erst zwei Artikel gelesen, ein Interview mit Käthe Kruse („Tödliche Doris“) über die Geschichte des Bauhofs „Manteuffelstraße“ – Von Hausbesetzern zu Genossenschaftern und einen Bericht über „Wohnen in der Autobahn-Stadt Europa“: „Wenn Wohnen, laut Villem Flusser, bedeutet, sich in gewohnter Umgebung aufzuhalten, dann bewohnt der LKW-Fahrer die Kabine seiner Zugmaschine …
In dem Heft werde ich noch lange stöbern und lesen.
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Erschienen am 04.12.2014, Einzelheft: 20 Euro. „Wohnerfahrungen“ ist das dritte ARCH+ Heft einer Serie, die sich mit der Bedeutung von Empirie für die Arbeit von Architekten und Stadtplanern beschäftigt (Heft 203 und 206/207). Was ist unter Wohnempirie zu verstehen und wozu braucht man sie? Die letzte Frage lässt sich recht schnell beantworten: Seit Architekten für das Wohnen zuständig sind und das Bauen zu einer Angelegenheit von Spezialisten geworden ist, braucht es Informationen über die Wohnvorstellungen und das tatsächliche Wohnverhalten der künftigen Nutzer, die aus den statistischen Bevölkerungsdaten nicht ablesbar sind – eine Konfrontation mit der Realität für die Entwicklung sozialer Phantasie.

Werner Sobek baut für die Zukunft: Seine Häuser sollen Energie sparen, keinen Müll erzeugen und das Klima retten.

… Drinnen ist vieles von Computern gesteuert, das Haus kann weit mehr, als Jacques Tati in seinem Film Mon Oncle zu fürchten wagte: Die Kühlschranktür öffnet sich auf eine Winkbewegung hin, die Wassertemperatur im Badezimmer wird über Sensoren gesteuert, das Klima in diesem luftigen, an Wänden armen Haus kann je nach Etage kühler oder wärmer eingestellt werden – und das lässt sich sogar vom Computer im Gästehaus aus steuern, in das sich Sobeks erwachsener Sohn dauerhaft zurückgezogen hat.

… Das Eigenheim führt den ganzen Ehrgeiz dieses international erfolgreichen Architekten vor, sein Prinzip des Bauens, das er einmal »Triple Zero« genannt hat, dreimal null: Das Haus darf aufs Jahr verteilt null Energie mehr verschwenden, als es selbst durch die Photovoltaikanlage auf dem Dach und den Wärmetauscher am Boden erzeugen kann. Es soll null Kohlendioxid emittieren.

Und es muss vollständig demontierbar und recyclingfähig sein, sodass irgendwann einmal annähernd null Müll übrig bleibt. Wobei sich die Frage stellt, wer dieses Haus, das von Dutzenden Architekturzeitschriften als ikonisches Wohnhaus des 21. Jahrhunderts gefeiert wurde, je wird demontieren wollen.

Gebäude sind die größten Klimasünder der Welt. Ihr Bau und Abriss, ihr Betrieb und ihre Instandhaltung verbrauchen mehr Ressourcen und sorgen für mehr Emissionen als zum Beispiel der gesamte Transport und Verkehr. Die Gebäude versiegeln die Böden und hinterlassen Unmengen von Schutt und Sondermüll. Wer also den Wunsch verspürt, die Welt vor der Klimakatastrophe zu retten, der ist mit einem Architektur- oder Bauingenieurstudium nicht schlecht beraten. Die Frage, die immer mehr Vertreter dieser Zünfte umtreibt, lautet: Wie können wir die schmutzigen Gebäude an die Leine nehmen?

… Der Realo-Sobek gehörte vor zwei Jahren auch zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), eines Vereins, in den Architekten, Ingenieure, die Bauindustrie und wichtige Immobilienfirmen einbezogen wurden. Als Präsident der Gesellschaft hat Sobek einen Kriterienkatalog mit erarbeitet, nach dem seit Anfang dieses Jahres Zertifikate für besonders nachhaltige Bauten verliehen werden – etwa an das von den Architekten Sauerbruch Hutton in Dessau neu gebaute Bundesumweltamt.

Sobek und seine Mitstreiter wollten ein System schaffen, mit dem man die ökologische Qualität eines Gebäudes genau beziffern kann – und zwar nach strengeren Kriterien als das konkurrierende Klassifizierungssystem aus den USA namens LEED (Leadership in Energy and Environmental Design). Die Deutschen bewerten nicht nur Energiebedarf, Treibhauspotenzial und Flächeninanspruchnahme, sondern etwa auch die Innenraum-Luftqualität, den akustischen Komfort und die Umnutzungsfähigkeit. Mit dem DGNB-Zertifikat verbindet sich allerdings für viele nicht nur der Wunsch, die Welt zu retten, sie wollen auch Profit machen: Nachhaltige Gebäude können schon heute teurer verkauft und vermietet werden als »emittierende« Gebäude.

Die Baukosten eines ökologisch integren Hauses sind zwar um ein paar Prozent höher als bei einem konventionell gebauten Haus, dafür sinken dauerhaft die Unterhaltskosten. So könne, sagt Sobek, ein wirklich nachhaltiger Bau schon nach zehn bis zwanzig Jahren seine kompletten Baukosten amortisieren.

Das Zertifikat ist jedoch bisher nur auf Neubauten ausgerichtet. Problematisch bleibt die Sanierung und Bewertung des Bestands. Man müsse die alten Häuser einerseits dämmen, andererseits dürften durch die Dämmstoffe auch keine Komplikationen beim Recyceln entstehen, sagt Sobek. Gleichzeitig müssten Altbauten so hochgerüstet werden, dass sie aus Erdwärme oder Sonnenlicht aktiv Energie erzeugen können – ohne dass darunter ihre ästhetische Anmutung leide.

… Frei Otto, der Konstrukteur des Münchner Olympiazeltes und Vorgänger von Werner Sobek am Institut für Leichtbau, hatte dieses Gebäude 1964 als Test für den deutschen Expo-Pavillon in Montreal errichtet. Es ist 500 Quadratmeter groß, wurde innerhalb eines Tages aufgebaut, ein Metallmast steht in der Mitte, Stahlseile halten die Konstruktion. Zur Dämmung hat man das Zelt mit Schindeln versehen, von innen auch mit Holz ausgekleidet. Es ist ein schöner, offener Raum, in dessen Mitte eine erhöhte Bibliothek und eine kleine Teeküche thronen. An den verglasten Rändern des Rundbaus stehen die Schreibtische der gut zwei Dutzend Assistenten, die hier forschen. In den Regalen und an den Zeltwänden finden sich alte Modelle und Messinstrumente, darunter etwa auch eine Seifenblasenmaschine, mit der früher komplizierte Oberflächenkonstruktionen veranschaulicht wurden. Heute erledigt so etwas der Computer mit seinen 3-D-Programmen.

»Hier forschen wir für übermorgen, nicht für heute Nachmittag«, sagt Sobek, der den Stolz über seine Leistungen selten verbergen kann. Wie einst schon unter Frei Otto lernen die Schüler Sobeks von den Strukturen der Natur. Sie forschen etwa nach einem Beton, der wie ein Knochen aufgebaut ist: außen je nach Belastung stabil, innen aber porös. Die Luftbläschen im Inneren sorgen für die Wärmedämmung. Dieser wandlungsfähige Beton wäre also nicht nur leichter, man würde auch am Material sparen und müsste keine weiteren Dämmstoffe mehr aufkleben – ein sortenreiner, wiederverwendbarer Werkstoff.

… Mehrere Forschungsteams arbeiten hier an vergleichbaren Projekten, aus manchen werden wohl schon bald neue Baustoffe und Patente hervorgehen oder Häuserfassaden, die noch mehr Energie sparen. Die Industrie ist an solchen womöglich sehr profitablen Baustoffen interessiert und unterstützt Sobeks Forschung mit Drittmitteln.

Andere Projekte scheinen noch weit entfernt von der Realisierung. Eine Studentin hat Glas aufgeschäumt, ein Doktorand forscht an adaptiven Tragwerken, an Gebäuden mit Muskeln also, die außergewöhnlich hohe Belastungen etwa durch Erdbeben oder Schnee ausgleichen können. Und Timo Schmidt, der inzwischen als Projektingenieur für den Realo-Sobek arbeitet, hat für seine Doktorarbeit zusammen mit Medizinern von der Universität Tübingen geforscht. Er arbeitet am sogenannten Tissue Engineering, an Technologien, die aus Zellkulturen dreidimensionale Gebilde wachsen lassen. Vielleicht wird Timo Schmidt Wege finden, wie wir unsere Häuser ganz einfach von Bakterien und Pilzen bauen lassen.

Bis dahin werden allerdings Jahre oder Jahrzehnte vergehen. Das Fundi-Projekt, das der Realo-Sobek dagegen noch dieses Jahr umsetzen will, ist ein Eigenheim aus Stoff. Ein Haus aus einem Tuch, das man vielleicht auf japanische Art faltet, damit es zugleich stabil und flexibel ist. »Ein Haus aus Stoff«, glaubt Werner Sobek, der gern gut geschneiderte schwarze Anzüge und weiße Hemden trägt und Yves Saint Laurent zu seinen wichtigsten Vordenkern zählt, »könnte noch leichter und nachhaltiger sein als ein Haus aus Glas.« Und vielleicht auch noch eleganter.

Auszüge aus dem Artikel in der Zeit-Serie: „Wer denkt für morgen (6)“, Der ganze Beitrag vom 7. Mai 2009 in DIE ZEIT Nr. 20

Webseite Werner Sobek

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